Im Rückspiegel – Der Skoda Favorit ebnete den Weg in die Zukunft

Im Rückspiegel – Der Skoda Favorit ebnete den Weg in die Zukunft. Mit dem Kurzheckmodell Favorit startete Skoda vor 30 Jahren in eine neue Ära. Die Premiere am 16. September 1987 auf der internationalen Maschinenbaumesse in Brünn markierte für das tschechische Traditionsunternehmen eine Zeitenwende. Mit seinem topaktuellen Design sowie der Kombination von Frontmotor und -antrieb war der Kleinwagen aus Tschechien auf Augenhöhe mit den westlichen Mitbewerbern in seiner Klasse. Auch im Rallye-Sport brillierte die Baureihe.

Das Projekt eines modernen Personenwagens mit Frontmotor und Frontantrieb ging auf einen Beschluss der tschechoslowakischen Regierung vom Dezember 1982 zurück. Die gleichzeitig verabschiedeten Umsetzungstermine waren extrem knapp kalkuliert: Innerhalb von nur zweieinhalb Jahren (bis 30. Juni 1985) sollte die Entwicklung abgeschlossen sein und der Produktionsstart innerhalb von fünf Jahren erfolgen. Immerhin fingen die Ingenieure nicht bei Null an, denn sie hatten sich bereits zuvor mit diesem Konzept befasst und den frontgetriebenen Prototyp Skoda 780 entwickelt.

Skoda Favorit

Eine wichtige Rolle für die Akzeptanz des Fahrzeugs spielte das Design. Dem Trend der frühen 1980er-Jahre folgend entschied sich Skoda, die Formgebung des neuen Kompaktwagens einem italienischen Designer anzuvertrauen. Die Wahl fiel auf das Turiner Studio Stile Bertone, das die Karosserieversionen Kurzheck, Kombi, Stufenheck und Coupé sowie mehrere Interieurversionen entwickelte. Außerdem verpflichtete sich das Designstudio zum Bau von insgesamt 19 Prototypenkarosserien in unterschiedlichen Ausführungen.

Für die Umsetzung des Designs in die Serienfahrzeugfertigung zeichnete ein Team aus dem Skoda-Stammwerk in Mladá Boleslav verantwortlich. Auch hier zeigten die tschechischen Techniker viel Kreativität und Know-how: Im Vergleich zum Heckmotormodell Skoda 120 verringerten sie die Anzahl der Pressteile von 405 auf lediglich 227. Zudem verfügte der um 40 Millimeter kürzere Favorit über einen um 85 Millimeter längeren Innenraum und ein größeres Kofferraumvolumen als der Vorgänger. Damit avancierte er zum vollwertigen Familienwagen – und bildete eine gute Basis für die später folgende Kombiversion Forman.

Skoda Forman

Skoda arbeitete eng mit dem Institut für Kraftfahrzeuge in Prag zusammen, wo beispielsweise simulierte Testfahrten durchgeführt wurden. Innerhalb einer Woche wurden dabei Belastungen erzeugt, die einer Laufleistung von 100 000 Kilometern entsprachen. Anschließend bewährten sich die Prototypen im realen Verkehr auf Touren über insgesamt eine viertel Million Kilometer. Zu den Fahrversuchen zählten auch Tests in den Alpen und in der Hitze an der italienischen Riviera. Die Bremsen wurden auf der Großglockner-Hochalpenstraße und an der Turracher Höhe in Österreich auf Wirkung und Standfestigkeit getestet. Während der Entwicklungsphase kooperierten die Skoda-Ingenieure mit vielen externen Spezialisten. So wirkten Experten von Porsche beispielsweise bei der Motoraufhängung, der Geometrie der Vorderachse und der Reduzierung des Lärmpegels im Innenraum mit. In der finalen Entwicklungsphase des Favorit fanden darüber hinaus dynamische Prüfungen auf der Teststrecke von Porsche in Weissach statt.

Skoda Forman

Beim Motor handelte es um den bewährten OHV-Vierzylinder mit einem Hubraum von 1289 Kubikzentimetern und einer Leistung von 43 kW/58 PS oder 46 kW/63 PS – zunächst mit Vergaser, ab 1993 mit Kraftstoffeinspritzung. Den neuen Abgasvorschriften und den hohen Ansprüchen der europäischen Kundschaft in puncto Zuverlässigkeit begegnete Skoda durch die Verwendung besonders haltbarer Werkstoffe für die Ventilsitze, Kolben mit Stahlkern, hochwertigeren Zylinderlaufbuchsen, steiferem Zylinder-und Kurbelgehäuse, einer gehärteten Kurbelwelle und vielen weiteren Optimierungen.

Skoda Favorit

Seine offizielle Weltpremiere feierte der Skoda Favorit am 16. September 1987 auf der 29. Internationalen Maschinenbaumesse in Brünn, wo Hunderttausende neugieriger Autofahrer und Fachjournalisten aus ganz Europa das neue Modell in Augenschein nahmen. Im Werk Vrchlabí entstand 1987 zunächst eine beschränkte Anzahl Fahrzeuge für die Homologation, in vollem Umfang startete die Serienproduktion Anfang Dezember 1987. Ab August 1988 lief die Modellreihe dann auch am Stammsitz in Mladá Boleslav vom Band. Die ersten Fahrzeuge vom Typ Favorit 136 L (de Luxe) rollten im vierten Quartal 1988 zu den Händlern und waren ab 84.600 Tschechoslowakischen Kronen erhältlich. Der auslaufende Skoda 120 L kostete 65.630 Kronen bei einem durchschnittlichen monatlichen Bruttolohn von 3030 Kronen.

Nach der Samtenen Revolution im November 1989 und dem Übergang zur Marktwirtschaft wurde schnell klar, dass nur der Einstieg eines starken ausländischen Partners die langfristige Konkurrenzfähigkeit von Skoda würde sichern können. Nach intensiven Verhandlungen mit mehreren Interessenten wurde der Autohersteller im Frühjahr 1991 Teil des Volkswagen-Konzerns. Der Favorit, eines der wenigen modern konstruierten Personenfahrzeuge im ehemaligen Ostblock erwies sich auch nach dem Einstieg bei Volkswagen als solide Basis. Nun wurde er technisch, optisch und qualitativ weiter aufgewertet. Das erste Facelift erfolgte 1991, als das asymmetrisch angebrachte Logo auf dem Kühlergrill in die Mitte verschoben wurde. Die umfassende Überarbeitung im Januar 1993 blieb vielen Autofahrern wegen der eindrucksvollen Werbekampagne im Gedächtnis: Skoda brachte 548 Flaggen am Auto an – eine für jede Verbesserung.

Dank der Modifizierungen hielt sich die Modellreihe. In Deutschland etwa konnte der Absatz zwischen 1990 und 1991 annähernd verdoppelt werden. Der Verkauf der Limousine und des Kombis Forman wurde durch Sonderversionen mit erweiterter Ausstattung – zum Beispiel Sport Line, Black Line, Marathon oder Excellent – zusätzlich angekurbelt. Zwischen August 1987 und September 1994 wurden rund 783.200 Favorit gebaut. Einschließlich Kombi und Pick-up sowie weiterer Nutzfahrzeugausführungen kam die Baureihe auf insgesamt 1.077.100 Einheiten, bevor sie durch den neuen Felicia abgelöst wurde.

Skoda Favorit F 2 Rallye (1993)

Mit dem Favorit stieg Skoda schon Ende 1989 in die Rallye-Weltmeisterschaft ein und knüpfte schnell an die Erfolge der Hecktriebler aus Mladá Boleslav an. 1990 startete das Auto noch bei ausgewählten Rallyes in der Weltmeisterschaft, der Europameisterschaft und der tschechoslowakischen Rallye-Meisterschaft. Schritt für Schritt bauten die Tschechen ihr Engagement aus, 1994 absolvierte der Favorit dann erstmals sämtliche WM-Läufe. Die größten Erfolge erreichte er bei der berühmtesten Rallye der Welt, der Rallye Monte Carlo. Das gut eingespielte Tandem Pavel Sibera und Petr Gross gewann dort mit dem Favorit 136 L zwischen 1991 und 1994 viermal in Folge seine Klasse. 1994 gelang der Traditionsmarke dann der ganz große Coup: Der Skoda Favorit holte den Weltcup-Titel in der Klasse F2 für Fahrzeuge bis 2,0 Liter Hubraum und mit einer angetriebenen Achse.

Skoda feiert den runden Geburtstag des für die Unternehmensgeschichte so bedeutsamen Fahrzeugs unter anderem mit einer Sonderausstellung im Skoda-Museum in Mladá Boleslav. Dort sind einzigartige Prototypen und Dokumente zu sehen. Bei einer Podiumsdiskussion am 26. September ab 17.30 Uhr sprechen dann führende Persönlichkeiten, die das Modell mit aus der Taufe hoben, über die Umbruchzeit vor 30 Jahren.

Für den heutigen Vorstandsvorsitzenden Bernhard Meier ist und bleibt der Favorit „der Ausgangspunkt für die dynamische Entwicklung“ des Unternehmens. Das damals „progressive Konzept“ und die „Expertise und Erfahrung der Entwickler waren entscheidende Faktoren dafür, dass sich Volkswagen nach der Samtenen Revolution 1989 in der Tschechoslowakei für die Marke Skoda interessierte“, betont er.

jri/amp

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