Audi RS5 – Ein Tastendruck weckt den Spieltrieb

Audi RS5 – Ein Tastendruck weckt den Spieltrieb. So dezent hätten wir uns das neueste Modell von Audi Sport in Neckarsulm gar nicht vorgestellt. Wir sitzen am Steuer des RS5 Coupé, auf der Autobahn südlich von Toulouse, und machen uns mit den eindrucksvollen Infotainment-Optionen dieses Gran Turismo vertraut. Die Hardware hält sich ganz im Hintergrund: Der Wandlerautomat hat in den achten Gang hochgeschaltet, das Fahrwerk bügelt die Fahrbahnunebenheiten sauber weg, und die Kabine ist so gut isoliert, dass außer dem Summen des Sechszylinders kaum Geräusche ans Ohr der Passagiere dringen.

Bis zur Sicherheits- und Überwachungsinitiative des damaligen Innenministers Sarkozy galt Frankreich als Hochgeschwindigkeitsland; die Tempolimits wurden nur sporadisch überwacht, in den Werbevideos der Hersteller kletterten die Tachonadeln ungeniert auf 170 km/h und mehr. Damit ist es längst vorbei, und so bleibt die angegebene Höchstgeschwindigkeit von 250 bzw. 280 km/h ungeprüft. Zweifel daran sind nicht angebracht, denn mit seinen 331 kW/450 PS würde ein offener RS5 die 300-km/h-Schwelle locker überschreiten.

Audi RS5 Coupé

Es bedarf eines weniger überwachten Umfelds, um die dunkle Seite des RS5 hervortreten zu lassen. Wir verlassen die Autobahn und wechseln auf die kurvenreichen Landstraßen auf dem Weg ins Fürstentum Andorra. Radarfallen gibt es hier praktisch nicht mehr, die Kehren sind gut einsehbar, der Verkehr überschaubar: Zeit, den vorgewählten „Comfort“-Modus zu verlassen, den „Auto“-Modus zu überspringen und direkt in den „Dynamic“-Modus zu wechseln, der die Antriebs- und Fahrwerkssysteme scharfstellt und unter Spannung setzt.

Per Tastendruck wirkt der RS5 wie ausgetauscht. Die im Innen-V des 2,9-Liter-Sechszylinders platzierten Turbolader liefern fast verzögerungsfrei Ladedruck, die ZF-Acht-Gang-Automatik schaltet blitzschnell (es geht in 3,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h). Schwärze mischt sich ins Klangbild.

Audi RS5 Coupé

In diesem Modus wird das Fahrerlebnis geradezu surreal. Und der RS5 lässt sich weiter hochrüsten mit einer extrem präzise ansprechenden Dynamiklenkung, deren Übersetzung variabel ist; es gibt ein Sportdifferenzial mit aktiver Momentenverteilung, mit dem das Auto geradezu in die Kurve hineingezwungen wird – und eine elektronische Dämpferregelung. Für brutale Verzögerung sorgt eine groß dimensionierte Stahlbremse oder die optionale Keramikbremse. So lässt sich der mindestens 1655 Kilogramm schwere RS5 wie ein Go-Kart bewegen.

Das Fahrwerk verzeiht sehr viel, wer die Stabilitätskontrolle komplett abschaltet, sollte allerdings wissen, was er tut. Sie springt nämlich auch beim Tritt auf die Bremse nicht mehr ein. Und das ist auch gut so, denn gewisse Fahrmanöver im Grenzbereich verlangen nach feindosiertem Bremseinsatz mit dem linken Fuß.

Audi RS5 Coupé

Dieser puristische Ansatz ist lobenswert, aber er wird im RS5 leider nicht konsequent durchgehalten. Denn bei der manuellen Gangwahl hält Audi Sport am falschen Schema fest: Zum Hochschalten muss der mittig platzierte Wählhebel weggedrückt werden, zum Herunterschalten nach hinten gezogen. Bei Rennwagen ist es andersherum, einem harmonischen Bewegungsablauf auf der Piste entsprechend. Porsche hat das mittlerweile korrigiert, Audi Sport sollte nachziehen – wenn man es mit dem „Sport“ ernst meint.

Audi RS5 Coupé

Das Cockpit des RS5 wirkt futuristisch, der charakteristische TFT-Bildschirm erlaubt die Anzeige einer großen Navigationskarte oder verschiedener Performance-Anzeigen, die den Informations- und Spieltrieb des Piloten bedienen. Und man sitzt hervorragend auf den Sportsitzen; sie wirken ausgesprochen komfortabel, bieten aber perfekten Seitenhalt, wenn es darauf ankommt. Zum Beispiel dann, wenn man den Ratschlag von Audi-Sport-Entwicklungschef Stephan Reil beherzigt: „Wer dieses Auto auf Anhieb nicht extrem genug findet, sollte vielleicht noch einmal länger Probe fahren.“

jm/amp

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