Batteriezell-Fertigung – Mit 100 Milliarden ist man dabei

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Deutschland muss schnell und massiv in die produktionsnahe Forschung und Entwicklung sowie den Aufbau von Humankapital investieren, wenn die Industrie langfristig im Geschäft mit Batteriezellen mitmischen will. Das ist ein Ergebnis des Energiespeicher-Monitoring 2018 der Fraunhofer-Gesellschaft, das untersucht hat, welche Länder bei Batterietechnologien für Elektromobilität führend sind beziehungsweise wer Leitanbieter und Leitmarkt ist. Das Monitoring vergleicht Japan, Südkorea, China, USA, Deutschland und Frankreich anhand von Kategorien wie Nachfrage, Marktstrukturen, Industrie sowie Forschung und Technologie. Wir Österreicher spielen da mangels einer „Autoindustrie“ eher eine kleinere Rolle. Doch im Zuliefererbereich sind wir trotzdem sehr stark vertreten. Siehe z.B.  Kreisel Electric oder Magna.

Die Chinesen holen auf

Das Monitoring, das Teil des BMBF-Förderprogramms „Batterie 2020“ ist, kommt zwar zu dem Schluss, Deutschland habe seine Position stabilisieren können. Doch lässt die Dynamik bei allen untersuchten Ländern – mit Ausnahme China – jedoch nach. Die Chinesen bauen ihre Führungsposition weiter aus. Deutschland und Europa geben die Forscher am Fraunhofer-Institut für System und Innovationsforschung (ISI) nur noch bis etwa 2025 Zeit, um eine wettbewerbsfähige Zellfertigung aufzubauen. Zu diesem Zeitpunkt wird bei der Elektromobilität der Übergang vom Nischen- in den Massenmarkt voraussichtlich erreicht sein.

Deutschland und Europa

Wollen Deutschland beziehungsweise Europa langfristig im Batteriezellgeschäft erfolgreich sein, sind laut der Studie mittelfristig mindestens 10 Milliarden Euro sowohl in die produktionsnahe Forschung und Entwicklung als auch in den Aufbau einer Zellproduktion zu investieren. Die Industrie wird hiervon den Großteil finanzieren und langfristig Beträge im 100-Milliarden-Euro-Bereich investieren müssen. Selbst mit einer massiven Industriepolitik kann die öffentliche Förderung hierbei nur einen Bruchteil beitragen.

China ist Leitanbieter

Das Update der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Energiespeicher-Monitoring-Studie 2018 zeigt: China hat sich zwischen 2016 und 2018 zum Leitanbieter für Batterien und zum Leitmarkt für Batterien und Elektromobilität entwickelt. Zurückzuführen ist der Erfolg auf eine hohe politisch induzierte Binnennachfrage sowie gleichzeitig den strategischen Auf- und Ausbau der kompletten Wertschöpfungskette. Der Fokus der Studie liegt auf Elektro-Pkw, bei Betrachtung weiterer batterierelevanter Märkte wie Nutzfahrzeugen oder industriellen und stationären Anwendungen würde das Bild noch deutlicher zugunsten Chinas ausfallen.

Auf den hinteren Plätzen

Dr. Axel Thielmann, der die Monitoring-Studie am Fraunhofer ISI leitete, erklärt: „Deutschland konnte seine Position zwischen 2014 und 2018 insgesamt, aber auch in den vier einzelnen Kategorien Nachfrage, Markstrukturen, Forschung und Technologie sowie Industrie zwar halten – genau wie Frankreich. Beide Länder liegen dennoch auf den hinteren Plätzen, obwohl die globale Batterienachfrage gerade in den kommenden Jahren drastisch steigen wird.“ Gegen 2025 dürfte sie laut Thielmann bis zu 1,5 Terawattstunden und um 2030 bereits bei 3 bis 6 Terawattstunden betragen. Da diese Nachfrage allein durch Hersteller von Elektroautos (OEM) generiert wird, die rein batteriebetriebene Elektrofahrzeuge (BEV) beziehungsweise Plug-in-Hybride (PHEV) herstellen, könnten sich die Indikatoren für Deutschland beziehungsweise Europa bei einer weiterhin starken Automobilindustrie in den kommenden Jahren verbessern. Jedoch müssen europäische Zulieferer und Zellhersteller jetzt reagieren, denn aktuell sind es die asiatischen Zellhersteller aus China, Japan und Korea, die ihre Zellfertigungskapazitäten in Europa ausbauen. Sie planen, die derzeitige Kapazität von über 10 Gigawattstunden in den kommenden Jahren an mehreren europäischen Standorten auf insgesamt 60 bis 100 Gigawattstunden auszubauen.

Der Aufbau entsprechender Fabriken hat sich verzögert

Der Aufbau einer deutschen beziehungsweise europäischen Zellfertigung hat sich in den vergangenen Jahren mehrfach verzögert. Aktuell gibt es mehrere unterschiedlich konkrete Pläne und europäische Konsortien, die eine Zellfertigung aufbauen wollen. Ein reines Halten der Position in dem bevorstehenden Wachstumsmarkt wird in Zukunft nicht ausreichen und könnte langfristig sogar ein Aus für den deutschen beziehungsweise europäischen Batteriestandort bedeuten.

Die Wertschöpfung passiert im Ausland

Ein großer Teil der Batterie-Wertschöpfung findet schon heute im Ausland statt. Bei der Systemintegration von Batteriezellen, also dem letzten Schritt in der Wertschöpfungskette, ist Deutschland besser positioniert, da sich die OEM und ihre Zulieferer auf die Modul- und Packherstellung sowie deren Fahrzeugintegration konzentrieren. Doch ISI sieht noch etliche Hürden bezüglich Batterie- und Fahrzeugentwicklung (Reichweite, Schnellladen, Kostenreduktion etc.), dem Fahrzeugmodellangebot und der Ladeinfrastruktur sowie dem Aufbau einer nachhaltigen Batteriekreislaufwirtschaft. (ampnet/Sm)