Brennstoffzelle – Asiens Vorsprung verkleinern!

Eine unabdingbare Notwendigkeit bei der Brennstoffzelle ist es, Asiens Vorsprung zu verkleinern. Die Prognose, die Nikolas Iwan (H2 Mobility Deutschland) auf der Hannover Messe wagte, klang düster. „Wir laufen Gefahr, in fünf Jahren bei der Brennstoffzelle da zu stehen, wo wir uns heute mit der Batterie befinden. Dann laufen wir nämlich den Asiaten hinterher.“

Hyundai Nexo

Dass sich der Geschäftsführer eines Unternehmens Sorgen macht, das am Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur arbeitet, ist verständlich. Politiker, große Teile der Automobilindustrie und Umweltschützer wollen dem batteriebetriebenen E-Fahrzeug auf Biegen und Brechen die Vorfahrt einräumen. Egal, ob den Kunden das passt oder nicht.

Doch Iwan steht mit seiner Meinung nicht alleine. „Wir beobachten eine global verstärkte Dynamik im Bereich der Brennstoffzelle. Im Wesentlichen getrieben von China, das zu Südkorea und Japan in dieser Technologie aufschließen will“. So Volker Blandow, Leiter Elektromobilität beim TÜV Süd. Vor allem Peking setzt seinen Angaben zufolge offenbar nicht mehr allein auf Akkuautos. „Brennstoffzellen sollen China unabhängiger von problematischen Materialien in Li-Ionen-Batterien machen“, sagt Blandow.

Massive Förderungen

Was sich dort in Bezug auf die Brennstoffzelle tut, ist in der Tat beeindruckend. Laut Planwirtschaft dürften in China bis 2025 rund 50.000 Autos mit eigenem Kraftwerk an Bord fahren. 2030 soll deren Zahl auf eine Million angewachsen sein. Auch Japan glaubt fest an den Wasserstoff als Energieträger der Zukunft. Toyota etwa will seine Brennstoffzellenproduktion auf 30.000 Stück pro Jahr ausbauen.

Richtig offensiv will der Konzern kommendes Jahr zu den Olympischen Spielen in Tokio werden. Dann soll eine ganze Flotte von Wasserstoffbussen Athleten und Zuschauern zur Verfügung stehen. Schon vorher soll angeblich die nächste Generation des Brennstoffzellen-Pkw Mirai vorgestellt werden. Mit dem Zeug zum Bestseller.

Toyota Mirai

Derzeit kostet das Auto in Japan umgerechnet 56.800 Euro. Um 21.800 Euro weniger als in Deutschland. Doch das ist noch längst nicht alles. „Welt online“ berichtete: „Der hilft Staat nach Kräften nach. Die Zentralregierung gibt 16.600 Euro Zuschuss. Außerdem können etwa die Bürger von Yokohama zwei weitere Geldtöpfe anzapfen. Den der Stadtverwaltung und den der Präfektur Kanagawa. Macht insgesamt eine Kaufprämie von 27.800 Euro.“

Noch eindeutiger auf Wasserstoff setzt Südkorea. Das 50-Millionen-Einwohner Land will bis 2022 über 310 Wasserstofftankstellen einrichten. Bis 2040 soll die Zahl auf 1.200 steigen. Und der Kauf von Brennstoffzellenautos wird mit staatlichen Subventionen schmackhaft gemacht. Der Durchschnittspreis für ein Fahrzeug soll umgerechnet nicht mehr als 27.000 Euro betragen.

Bosch: Serienfertigung der Brennstoffzelle

Brennstoffzelle bei uns – ein untergeordnetes Dasein

Währenddessen spielt die Brennstoffzelle bei uns bis auf wenige Ausnahmen nur ein untergeordnetes Dasein. Nicht so bei Bosch in Stuttgart. „Bosch hat bei der Brennstoffzelle ein starkes Blatt auf der Hand. Durch die Kooperation mit Powercell jetzt sogar noch einen Trumpf mehr. Technologie zu industrialisieren ist eine unserer Stärken. Das gehen wir jetzt konsequent an und erschließen den Markt“, sagt, Bosch-Geschäftsführer Dr. Stefan Hartung. Bis 2030 werden nach Bosch-Schätzung bis zu 20 Prozent aller Elektrofahrzeuge weltweit mit Brennstoffzellen angetrieben.

Das einzige, derzeit in Deutschland produzierte Brennstoffzellenauto ist der unverkäufliche Mercedes-Benz GLC F-Cell. Für ausgewählte Kunden gibt es ihn nur zur Miete. Außerdem kooperiert Audi mit dem südkoreanischen Hyundai-Konzern und bereitet mit dem H-Tron ein Auto der Premium-Klasse mit Brennstoffzelle vor.

Mercedes-Benz GLC F-CELL 
Audi h-tron quattro concept

Fragwürdige Maßnahmen

Statt mit aller Kraft die Wasserstoff-Thematik voran zu treiben, gibt man viel Geld für fragwürdige Maßnahmen aus. Um die CO2-Belastung durch den Verkehr zu senken. So startete jüngst ein Feldversuch für elektrisch angetriebene Lastwagen. Die sollen auf Autobahnabschnitten ihren Strom aus in fünf Metern Höhe angebrachten Oberleitungs-Drähten erhalten.

Das Bundesumweltministerium wünscht sich, dass ein Drittel der Autobahnen zwischen Flensburg und Füssen so elektrifiziert werden. Kosten zu Preisen von heute: Mindestens zwölf Milliarden Euro. Außerhalb der Stromlinien sollen die Lastwagen mit Batterie und Diesel fahren. Mit Brennstoffzellen (in Nutzfahrzeugen im Fernen Osten und den USA bereits problemlos im Einsatz) wäre es billiger.

Die Zukunft

Einen Blick in die ferne Zukunft der E-Mobilität wirft eine Studie des Forschungszentrums Jülich. Wäre nur die Hälfte aller derzeit in Deutschland zugelassenen Pkw mit Batterieantrieb unterwegs. Dann wären für eine flächendeckende Ladesäulen-Infrastruktur 51 Milliarden Euro fällig. Eine dem heutigen Tankstellennetz entsprechende Versorgung mit Wasserstoff-Zapfsäulen für die gleiche Anzahl von Brennstoffzellen-Fahrzeugen würde elf Milliarden Euro weniger kosten.

In der Praxis dürften Batterie und Brennstoffzelle auf mittlere Sicht ihre Daseinsberechtigung haben. Der Akku für die Kurzstrecke und den urbanen Verkehr. Die Brennstoffzelle für die Langstrecke. Und überall dort, wo es auf schnelles Nachtanken ankommt. Klimaschonend aber nur, wenn der Wasserstoff ebenso mit erneuerbaren Energien erzeugt wird wie der Strom für die Ladestationen.

Für die Automobilindustrie kommt es darauf an, den Brennstoffzellen-Vorsprung der asiatischen Konkurrenz zu verkleinern. Sonst könnte sie eines Tages von ihrer deutschen Stammkundschaft bestraft werden.