Oldtimer-Parade auf Woodward – Coming Home to Detroit

Oldtimer-Parade auf Woodward –  auch wenn in diesem Jahr auf der North American International Autoshow ein paar Marken durch Abwesenheit glänzen, ist sie – wie immer – die erste große Automesse im Jahr und eine der wichtigsten dazu. 2016 wird ihr Auftakt spektakulär verlaufen. Nicht nur, weil mit der Mercedes E-Klasse und dem Porsche 911 Turbo gleich zwei bedeutende Weltpremieren gefeiert werden. Vor der offiziellen Eröffnung wird sich auf der Woodward Avenue, einer der berühmtesten Straßen der Stadt, eine spektakuläre Parade amerikanischer Oldtimer in Bewegung setzen. An ihrer Spitze drei Fahrzeuge, die dann eine Reise von 2400 Meilen (3860 Kilometer) quer durch die USA gerade hinter sich gebracht haben werden.

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Alle drei sind sie über 50, zusammen zählen sie 164 Jahre, und produziert wurde jeder von ihnen jeweils von einem der einst großen Drei aus Detroit, General Motors (GM), Ford und Chrysler. Zu ihrer Zeit stellten sie einen Meilenstein im „American Way of Drive“ dar:

Der dreitürige Chevrolet Nomad galt in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre als Prestigemodell von GM und war mit seinem 4,3-Liter-V8 und 121 kW / 165 PS für damals 2800 Dollar das teuerste Auto, das Chevrolet im Angebot hatte. Sein Verbrauch lag bei 25 l Super auf 100 km.

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Der fünf Jahre ältere Chrysler 300G war eine Weiterentwicklung des Chrysler 300 von 1954 und als Zugpferd in der Chrysler-Modellpalette gedacht. Sein 6,8-Liter-V8 leistete 298 kW / 405 PS, verbrauchte 20 Liter Super auf 100 km und beschleunigte das Auto auf bis zu 217 km/h.

Der Ford Mustang schließlich begründete, als er 1964 auf den Markt kam, die nach ihm benannte Klasse der Pony Cars. Zu einem Preis von rund 2500 Dollar (nach heutiger Kaufkraft etwa knapp 17 500 Euro) entstanden in dreieinhalb Jahren fast 1,3 Millionen Exemplare der ersten Baureihe, die meisten davon mit einem 4,7 Liter großen V8-Motor mit 140 kW / 190 PS) und einem Verbrauch von 16 Liter Super auf 100 km.

Ford Mustang
Ford Mustang

Das Trio – alle in Rot – gehört dem LeMay America’s Car Museum in Tacoma, ein paar Kilometer südlich von Seattle im US-Bundesstaat Washington am Puget Sound gelegen, einer 150 Kilometer langen Pazifik-Bucht im äußersten Nordwesten der USA. Dort hatte das Ehepaar Harold und Nancy LeMay 1997 das Harold E. LeMay Museum gegründet um dort seine rund 3000 Oldtimer, zu einem Löwenanteil Fahrzeuge aus amerikanischer Produktion, dem staunenden Publikum zu zeigen. Das nötige Geld für diese weltweit größte Sammlung, mit der er 1997 einen Eintrag im Guinness Book of World Records erhielt, hatte Harold mit einer ganzen Reihe eigener Firmen zusammengetragen, den größten Teil davon nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs mit der Müllabfuhr im Großraum Tacoma und einem Abschleppunternehmen.

Bevor er im Jahr 2000 starb, war seine größte Sorge, dass sein Fahrzeugpark ein ähnliches Schicksal erleiden würde wie der seines Sammler-Kollegen William F. Harrah, einem Hotel- und Spielcasino-Tycoon aus Nevada, der 1978 während einer Herzoperation gestorben war. Zu seinen Lebzeiten hatte er in seinem Museum in Reno eine ähnlich riesige Anzahl historischer Autos zusammengetragen, von denen jedoch nach seinem Tod die meisten bis auf rund 200 in alle Winde verstreut wurden. Ein besonders wertvolles davon, ein Bugatti Royale, steht zum Beispiel heute in der Autostadt in Wolfsburg.

Witwe Nancy LeMay dagegen bewahrte das Erbe, baute das Museum ihres verstorbenen Gatten nach und nach zum LeMay America’s Car Museum aus, erhielt von der Stadt Tacoma ein wertvolles Grundstück für einen Neubau, steckte selbst weitere Millionen in die Sammlung und gewann zahlreiche Sponsoren. Deren Zahl beläuft sich inzwischen auf 4000, und das Museum gilt heute als eines der wichtigsten seiner Art auf der Welt. Es gibt nicht nur einen umfassenden Überblick über die Geschichte der Motorisierung in den USA, es veranstaltet außerdem regelmäßig Ausstellungen und Kongresse und tritt als Startort für besondere Ereignisse hervor. Die jüngste Veranstaltung ist die Reise der drei Oldies nach Detroit zu einer ausgesprochen ungünstigen Jahreszeit, denn im Gegensatz zu Europa herrscht in einigen Teilen der USA Anfang Januar tiefster Winter mit verschneiten und vereisten Straßen besonders in den Staaten Idaho, Utah und Colorado.

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Wenn sie am 8. Januar Detroit erreichen, werden Nomad, 300G und Mustang neun Staaten durchquert und – mit einem Seniorenaufschlag – dafür zusammen rund 2500 Liter Sprit verbraucht haben. Das dürfte allerdings die Kasse der Sponsoren für die Rallye, darunter unter anderem die Reifenfirma Michelin und der Mineralölkonzern Shell, nicht allzu sehr belasten. Zur Zeit kostet nämlich die Gallone Sprit in den USA erstmals seit 2009 wieder weniger als zwei Dollar. Das sind umgerechnet rund 53 Eurocent pro Liter.