Tesla im Clinch mit Verbraucherschützern

Tesla im Clinch mit Verbraucherschützern. Einfach so 619 Millionen Dollar – zum derzeitigen Kurs immerhin 533 Millionen Euro – mit einem Automobilunternehmen innerhalb von nur drei Monaten in den Sand zu setzen, ist auch für einen Milliardär kein Pappenstiel. Besonders dann nicht, wenn ihn ein ganzer Rattenschwanz weiterer Pläne wie zum Beispiel ehrgeizige Raumfahrt- und Verkehrsprojekte sowie eine Reihe weiterer Investitionsvorhaben auf absehbare Zeit noch viel Geld kosten werden.

Für Tesla droht 2017 das achte Jahr in Folge mit Verlusten zu werden. Wenn dann noch hinzukommt, dass sich hochfliegende Versprechen in aller Öffentlichkeit in Rauch auflösen, kann es passieren, dass selbst ein dickfelliger und mit allen Wassern gewaschener Unternehmer plötzlich sehr dünnhäutig wird. So wie Elon Musk, Multiunternehmer und unter anderem Mehrheitsaktionär mit über 25 Prozent Anteilen beim Elektroautoproduzenten Tesla.

Dass Musk auch deshalb äußerst empfindlich reagieren kann, wenn ihm jemand auf die Füße tritt, bewies er jetzt, als er sich mit den in den USA erscheinenden Consumer Reports anlegte. Diese nichtstaatliche Institution ist die größte Verbraucherorganisation der Welt, die Waren- und Dienstleistungen verschiedener Anbieter untersucht und vergleicht, etwa wie  bei uns die Stiftung Warentest. Consumer Reports hatte es gewagt, die Verlässlichkeit des neuen Elektroautos Tesla Model 3 mit „durchschnittlich“ zu beurteilen.

Tesla Model 3

Daraufhin geriet Musk in Rage. „Immer wieder zeigen unsere eigenen Daten, dass die Automobilberichterstattung von Consumer Reports durchweg ungenau und irreführend für die Verbraucher ist“, schrieb er der Organisation ins Stammbuch. Das war umso erstaunlicher, da Tesla bislang die Urteile von Consumer Reports für die eigene Werbetrommel liebend gern eingesetzt hatte. So bezeichnete Consumer Reports vor zwei Jahren den Tesla Model S als das „beste jemals gebaute Auto“ und verstieg sich in der Behauptung, das Fahrzeug rangiere weit oberhalb der möglichen Punkte auf der Bewertungsskala.

Nun sind in der Tat die Urteile von Consumer Reports keineswegs über jeden Zweifel erhaben. Den in den USA beliebten Pickup Toyota Tacoma bezeichnete die Organisation als unzuverlässig, in der Praxis aber gilt dieses Auto als eines der zuverlässigsten auf amerikanischen Straßen überhaupt. Am schlimmsten daneben haute Consumer Reports einst beim Geländewagen Suzuki Samurai, der – lange bevor 1997 der Elchtest einen Mercedes A zum Wanken brachte – angeblich bei Ausweichmanövern zum Überschlag neige. Daraufhin sanken in den USA die Samurai Absatzzahlen von 85.000 pro Jahr auf 5.000, obwohl das Auto sämtliche Sicherheitstests bestanden hatte.

Viele der Fehlurteile basieren darauf, dass Consumer Reports seine Bewertungen aus der Papierform, den Werksangaben oder eigener Theorie entwickelt. So auch beim Tesla Model 3. Grundlage dafür, die Zuverlässigkeit des Fahrzeugs als „durchschnittlich“ zu bezeichnen, waren Mutmaßungen auf Basis des Tesla Model S. „Predictive Reliability“, also „Vorausgesagte Verlässlichkeit“ nennt Consumer Reports dieses Verfahren. „Die Predictive Reliability, auch als New Car Prediction bezeichnet, sagt voraus, wie gut ein aktuelles Modell, das derzeit im Handel ist, aufgrund seiner jüngeren Vergangenheit wahrscheinlich halten wird“, heißt es wörtlich. Das „Durchschnittlich“ für das Model 3 sei eher positiv.

Tesla Model 3

Doch das ließ Musk nicht gelten. Seiner Ansicht nach gehörte auf den groben Klotz von Consumer Reports auch ein grober Keil: „Ich weise darauf hin, dass Consumer Reports bisher weder ein Model 3 gefahren hat, noch im Besitz von Konstruktionsunterlagen des Fahrzeugs ist.“ Weiter polterte er: „Wir haben sie mehrmals aufgefordert, das Urteil zu korrigieren, und sie haben abgelehnt. Wahrscheinlich deshalb, weil sie den Namen Tesla brauchen, um die Auflage ihrer Publikation zu steigern.“

So grob hatte Musk noch nicht einmal reagiert, als Consumer Reports vor zwei Jahren die Verlässlichkeit seines Models S auf „unterdurchschnittlich“ herabgestuft hatte. Doch anhaltende Produktionsprobleme mit dem neuen Mittelklassemodell, der Zusammenbruch vollmundiger Versprechungen in Bezug auf dessen Produktionszahlen sowie anhaltende Kursverluste an der Börse machen eben empfindlich. Statt Ende dieses Jahres sollen nun erst von Januar bis März 2018 die versprochenen 5000 Fahrzeuge pro Woche vom Band laufen. Angesichts der nur 260 im dritten Quartal hergestellten Exemplare des Model 3 erscheint auch dieses revidierte Ziel aus der Luft gegriffen.

450.000 Kunden haben bereits ein Modell 3 vorbestellt und jeweils 1.000 Dollar (ca. 850 Euro) Anzahlung geleistet, etwa 63.000 dagegen die Nerven verloren, ihre Bestellung storniert und ihre Einzahlung zurück erhalten. Wer bei der Stange geblieben ist, wird sich wohl noch längere Zeit gedulden müssen.

hrr/amp