VW Sharan 2.0 TDI – Family Affairs

VW Sharan 2.0 TDI – Family Affairs. Familien-Vans sind etwas aus der Mode gekommen, seit die Auto-Kunden ihre Liebe zum SUV entdeckten. Manche Hersteller haben sie sogar ganz aus dem Programm gestrichen, doch Volkswagen hält zum Sharan. Aus gutem Grund, wie der Praxistest belegt.

Nach der ersten gemeinsam mit Ford entwickelten Sharan-Generation beschritten die Wolfsburger 2010 den Weg zu einer eigenen Van-Kreation, die ebenso wie die erste auch als Seat Alhambra erhältlich ist. Doch selbst das Facelift im vergangenen Jahr änderte nichts daran, dass der einstige Marktführer in Deutschland ein wenig an Akzeptanz verloren hat. In den ersten neun Monaten dieses Jahres konnte Opel mit seinem Zafira rund 1.300 Neuzulassungen mehr verbuchen.

„Dieselgate“ war für die Kunden dabei offenkundig nicht ausschlaggebend. Noch immer sind acht von zehn in Deutschland neu angemeldeten Sharan-Fahrzeuge mit einem Selbstzünder-Motor ausgestattet. Für diesen Test fährt deshalb die Variante 2.0 TDI mit 110 kW/150 PS vor. Mit einer gleich teuren Limousine kann man weder eine Handballmannschaft zum Auswärtsspiel bringen, noch den Großeinkauf im schwedischen Möbelhaus bewerkstelligen.

Volkswagen Sharan 2.0 TDI
Volkswagen Sharan 2.0 TDI

Bleiben wir beim Möbeltransport: Das verpackte Billy-Regal und die anderen Kleinigkeiten erreichen den Innenraum durch die große Heckklappe, unter deren Schloss man auch mit 1.90 Metern Körpergröße bequem stehen kann. Die minimale Innenbreite des Laderaums – wenn alle Sitzgelegenheiten versenkt sind – beträgt 98 Zentimeter. An der Klappe ist die Öffnung 110 Zentimeter breit. Alle Kartons und Blumenkübel brauchen nur 66 Zentimeter hoch gehoben zu werden, dann sind sie drin. Die Schiebetüren bringen zwar einen Komfortgewinn, kosten aber mit elektrischer Betätigung extra.

Das ist aber noch vergleichsweise preiswert gegenüber einem 7 Sitz-Paket. Das Versenken bzw. Umlegen der Sitze (einschließlich Beifahrersitz-Lehne) kann man sich kaum bequemer und einfacher vorstellen, auch der Zustieg in die dritte Reihe ist erstaunlich verrenkungsfrei.  Will man die absolut ebene und mehr als zwei Meter tiefe Ladefläche unkonventionell nutzen, kann sie, mit einer Matratze belegt, durchaus als Notunterkunft dienen. Auch an eine manuelle Entriegelung der Heckklappe von innen wurde gedacht.

Volkswagen Sharan 2.0 TDI
Volkswagen Sharan 2.0 TDI

Weitere sinnvolle Extras sind die Diebstahlwarnanlage mit Innenraumüberwachung die Rückfahrkamera berechnet, 230-V-Steckdose und der Einparkassistent. Die Bi-Xenon-Scheinwerfer als Bestandteil des Fahrerassistenz-Paketes „Plus“ erwiesen sich als leuchtweitenstark, aber nicht immer unproblematisch für den Gegenverkehr, wenn zum Beispiel die Abblendautomatik zu spät oder gar nicht einsetzte. Vielerorts im Innenraum kommen LED-Leuchten zur Anwendung. Nur sind die energiesparenden Lampen nicht konsequent an allen geeigneten Stellen eingesetzt, als Leseleuchten hinten glimmen herkömmliche Glühbirnen.

Das Radio „CompositionMedia“ kann durch ein Navigationsmodul aufgerüstet werden, das aber Aufpreis erfordert. Die Sprachbedienung zeigte sich wiederholt überfordert, so dass mancher die kostenfreie manuelle Befehlseingabe vorziehen könnte. Die adaptive Fahrwerksregelung wurde vom Tester nicht für unbedingt erforderlich gehalten, die elektronische Differenzialsperre XDS sollte man sich aber wegen des kräftigen Motordrehmoments ruhig leisten. Derartig opulent ausgestattet ist eine pralle Börse vonnöten.

Volkswagen Sharan 2.0 TDI
Volkswagen Sharan 2.0 TDI

Dafür entschädigt der Sharan mit angenehmer, leichtgängiger, berechenbarer und unauffälliger Handhabung, ist sehr übersichtlich und glänzt mit vielen zweckmäßigen Ablagen und Staufächern. Zum Beispiel ist die Dachkonsole mit einem verschließbaren Fach ausgestattet, ebenso haben die Passagiere auf den Plätzen sechs und sieben ihre Getränkehalter und eigene Ablagen. Federungs- und Abrollkomfort sind tadellos, zu keiner Zeit legte der Sharan etwas anderes an den Tag als das Wesen eines freundlichen und unaufdringlichen Begleiters.

Der Zweiliter-Motor trug seinen Teil zu diesem Gesamteindruck bei. Seine Leistung wurde gegenüber dem Modell von 2015 noch einmal um 10 Pferdestärken angehoben, so dass nunmehr 150 PS zur Verfügung stehen. Leise, aber zugstark ging er zu Werk, auch bei Dauertempo jenseits von 160 km/h fiel er nicht durch akustische Unmutsäußerungen auf. Dass er über mehr als 1.000 Kilometer Teststrecke (davon etwa zwei Drittel Autobahn) ca. 1.7 Liter mehr Diesel je 100 Kilometer konsumierte als nach Datenblatt vorgesehen, lag im Bereich des erwartbaren Praxiszuschlags. Zuweilen nahm sich der Abstands-Tempomat einen unnötig harten Bremseingriff heraus, jedoch schmälert das nicht den Nutzen dieser Einrichtung.

Volkswagen Sharan 2.0 TDI – Parkassistent

Fazit: Von einem Van erwartet man, dass er vielseitig und unkompliziert ist. Der Sharan erfüllt diese Erwartung in vollem Umfang. Wohnlich, bequem und zweckmäßig eingerichtet, verspricht er maximalen Nutzen und beansprucht dafür nicht mehr Raum als eine viertürige Limousine. Da es Extras und Assistenz-Systeme für jeden Geldbeutel gibt, ist der Weg zum individuellen Familienfreund leicht zu gehen. Eventuelle sportliche Ambitionen müsste man allerdings dem Zweitwagen überlassen.

afb/amp

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